Eine geerbte Immobilie stellt Erben oft vor komplexe Fragen – emotional, rechtlich und finanziell. Dieser Artikel erläutert praxisnah und fundiert, welche Schritte notwendig sind, damit der Erbfall nicht zur Belastung wird.
1. Erbannahme & Erbteilung
Erben haben in der Regel 30 Tage Zeit, um das Erbe anzunehmen oder auszuschlagen, nachdem sie vom Todestag erfahren haben. In einzelnen Kantonen kann diese Frist (z. B. in Glarus bis zu 90 Tage) abweichen. Wird das Erbe nicht ausgeschlagen, entsteht automatisch eine Erbengemeinschaft, in der alle Erben gemeinsam über die weitere Verwendung der Immobilie entscheiden müssen.
2. Bewertung der geerbten Immobilie
Eine professionelle Bewertung durch einen amtlichen Sachverständigen ist für die korrekte Ermittlung des Verkehrswerts zentral – sowohl für den Vermögensausweis als auch für den finanziellen Ausgleich unter mehreren Erben oder für steuerliche Zwecke.
3. Erbschafts- und Schenkungssteuer
In der Schweiz erheben lediglich die Kantone und Gemeinden Erbschaftssteuern. Die Sätze und Freigrenzen variieren kantonal stark:
- Ehegatten & direkte Nachkommen: In den meisten Kantonen steuerfrei, in einigen (z. B. Waadt) mit geringen Sätzen.
- Geschwister & entferntere Verwandte: Schemata von 5 % bis über 30 % des steuerbaren Erbteils je nach Kanton.
- Übersicht und Details: Siehe Bundesamt für Statistik – Erbschaftssteuern und Ihr jeweils kantonales Steuerportal.
Erbengemeinschaften müssen die Steuererklärung gemeinsam einreichen und die Steuerlast entsprechend aufteilen.
4. Verkauf, Vermietung oder Selbstbezug?
Erben stehen vor der Wahl:
- Verkauf: Keine Verwaltungsaufwand, aber Verkaufsnebenkosten und möglicher Druck, rasch einen Käufer zu finden.
- Vermietung: Laufende Einnahmen, aber Verantwortung für Unterhalt und Mietmanagement.
- Selbstbezug: Emotional sinnvoll, doch fallen Mieteinnahmen weg und ggf. Eigenleistungen an.
Bei mehreren Erben ist eine einstimmige Entscheidung unerlässlich. Ein neutraler Mediator oder Notar kann helfen, Konflikte zu vermeiden.
5. Erbvorbezug oder Schenkung zu Lebzeiten
Ein Erbvorbezug kann steuerliche Vorteile bieten und Pflichtteilsansprüche klären. Die Pflichtteilsquote (in der Regel ½ bis ¾ des gesetzlichen Erbteils) ist kantonal verschieden und muss vertraglich festgehalten werden. Jede Schenkung von Liegenschaften erfordert notarielle Beurkundung (§ 216 ZGB).
6. Rechtliche Formalitäten und Pflichten
- Grundbuchänderung: Anmeldung der neuen Eigentümer beim Grundbuchamt zwingend.
- Steuerdeklaration: Aktualisierung der Liegenschafts- und Einkommenssteuer, Zahlung der Erbschaftssteuer.
- Versicherungen: Überprüfung und Anpassung der Gebäudeversicherung und allenfalls bestehender Hypotheken.
- Erbauseinandersetzung: Schriftliche Vereinbarung zum Wertausgleich, um spätere Streitigkeiten zu verhindern.
7. Kommunikation & Konfliktvermeidung
Eine offene, transparente Diskussion unter den Erben ist essenziell. Setzen Sie frühzeitig klare Erwartungen und halten Sie Abmachungen schriftlich fest. Bei Uneinigkeit kann eine Mediation durch einen Notar oder spezialisierten Anwalt weiterhelfen.
Fazit
Eine geerbte Immobilie bietet Chancen, erfordert aber fundierte Planung und Beratung. Insbesondere kantonale Fristen, Steuerregelungen und Pflichtteilsquoten variieren stark. Holen Sie frühzeitig Expertise von Immobilienbewertern, Notaren und Steuerberatern ein, um den Erbfall reibungslos zu gestalten.
Dieser Artikel dient rein informativen Zwecken und ersetzt keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte konsultieren Sie Ihre kantonalen Behörden und Fachpersonen für verbindliche Auskünfte.